Medienwerkstatt-Wien
 
Harald Hund

 

RETROPARAVISIONEN
10 Medienfiktionen von Harald Hund
Retroparavisionen von Harald Hund versammelt 10 Medienkunst-Arbeiten, die in einem Zeitraum von über 20 Jahren entstanden sind und trotzdem ein konsistentes Maß an Medienreflexion gepaart mit Ironie und teils schwarzem Humor aufweisen. Science Fiction korrespondiert mit Retrovisionen, psychologische Ausnahmesituationen kippen ins Absurde, futuristische Architekturen bergen unheilvolle Stories. Harald Hund schafft es „mit medieninhärenten Methoden die Macht und Verführung von Bildern, aber auch das Dokumentarische an sich, als Konstruktion einer audiovisuellen Realität aufzuzeigen.“ (Irene Müller). Dabei vergisst er nie darauf, durch die Oberfläche seiner Inszenierungen und Found Footage-Kompilationen den persönlichen Spaß am schieren Machen durchblitzen zu lassen.

 

Ausschnitt aus

EMPIRE OF EVIL
A 2016, 12:00 min

Empire of Evil behandelt den westlichen Blick auf eine nicht westliche Gesellschaft in Form einer Dokumentation über die einseitige, politische Wahrnehmung des Iran im Westen.
Der Film hinterfragt das Medium des Dokumentarfilms und seinen Wahrheitsanspruch durch eine Gegenüberstellung von geheim im Iran gefilmten Aufnahmen mit dem von den westlichen Medien geprägten Bild des Landes. Dabei werden unsere Ängste und Vorurteile mit ironischen Mitteln ausgehebelt, indem der Film ein ernstes politisches Anliegen (Medien- und Gesellschaftskritik) mit Satire koppelt. Hinter dem Projekt steckt die Absicht hinter das von der ausschließlich negativen Berichterstattung im Westen geprägte Bild des Iran zu blicken (zu der auch George W. Bush's Ausspruch der "Axis of Evil" gehört, auf den der Filmtitel rekurriert). Der Film arbeitet mit dem vom Künstler häufig verwendeten Mittel der Umdefinition von Realität.

 

IN THE WOODS
A 2013, 04:20 min

Eine Studie über Illusion und Angst. In einem Wald trifft ein junger Mann auf eine enigmatische Frau, die jedoch ein Produkt seiner Phantasie zu sein scheint. Zu guter Letzt erscheint auch er als Illusion. Der Film versucht eine Verdichtung von Phantasien und Angstmomenten in abstrahierter Form. Während sich die subjektive Kamera/der Protagonist durch einen Wald bewegt, erscheinen Angstbilder, die die neutrale Grundstimmung des Films durchbrechen. Das einzelbildhafte Auftauchen von Personen symbolisiert die Vorstellung von der Präsenz von Menschen, die in der Realität nicht anwesend sind. Unbewusste Ängste und Nachbilder aus Albträumen verdichten sich in einigen Momenten, bevor sie sich wieder in Nichts auflösen. Eine neuartige Schnitttechnik, durch die die Protagonisten nur kurz aufflackern, trägt dem Illusionscharakter des Films und Film im allgemeinen Rechnung.

 

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APNOE
(Hund&Horn), A 2011, 10:10 min

Apnoe beschreibt vordergründig den Tagesablauf einer Familie. Die Protagonisten haben jedoch erhebliche Probleme bei der Bewältigung ihres Alltags. Mit Schwerelosigkeit konfrontiert, gerät das Familiengefüge ins Wanken und die hierarchische Struktur beginnt sich aufzulösen. Der Film zeigt die Tücken, die der Alltag für die Familienmitglieder bereit hält und die Verrenkungen, die es bedarf, das geordnete Leben aufrecht zu erhalten. Allen Widerständen zum Trotz lässt sich die Tochter von den Verhältnissen nicht unterkriegen. Es gelingt ihr sich nachts aus dem Haus zu stehlen und geheimen Vergnügungen in Zeitlupe nachzugehen.

 

MY FAVOURITE ACTORS 1
A 2006, 01:30 min


MY FAVOURITE ACTORS 2
A 2007, 01:00 min

Die zwei kurzen Animationsfilme sind ein Abgesang auf das Starsystem Hollywoods, bzw. auf jene Schauspieler, die ausschließlich in Kommerzproduktionen zu sehen sind. Zum ersten Mal in ihrer Karriere spielen sie nun die Hauptrollen in einem Slasher-Film und werden dabei in ihre Bestandteile zerlegt, sprich dekonstruiert. Dabei ist der erste Teil gemischtgeschlechtlich und der zweite Teil alleine Männern vorbehalten.

 

ALL PEOPLE IS PLASTIC
A 2005, 12:30 min

All People is Plastic ist ein retro-futuristischer Film, der dem Science-Fiction-Genre zuwiderläuft, indem kein Zukunftsentwurf geliefert wird. Um das Genre ad absurdum zu führen, wurden im Sinne von Found-Footage-Filmen ausschließlich existierende Elemente (z. B. Aufnahmen von modernistischen und brutalistischen Bauten aus den 1960er und 70er Jahren) verwendet um eine utopisch wirkende Stadt zu konstruieren. Im Kontrast zu Handlungsmustern in Spielfilmen ging es darum, die Identifikation der Zuseher mit den Protagonisten zu verunmöglichen, indem absolut gleich aussehende 3D-Figuren verwendet wurden, die zudem bar jeglicher Gefühlsregung sind. In der Masse der standardisierten Personen gibt es keine Individuen und Helden. Die wenigen Figuren, die eigenes Handeln erkennen lassen, weisen Produktionsfehler auf und werden zusammen mit der ganzen Generation von Arbeitern, der sie entspringen, entsorgt und durch eine neue Produktionslinie von kalt lächelnden „Personen“ (einer Generation von Yuppies) ersetzt. Persönlichkeit weist in diesem Film niemand auf. Der Film ist symbolisch im Jahr 1979 angesiedelt, am Übergang von der Moderne zur Postmoderne. Diese Zeit fällt zusammen mit der Regierungsübernahme Margaret Thatchers in Großbritannien und wenig später Ronald Reagans in den USA. Es ist die Zeit des beginnenden Neoliberalismus.

 

DACKEL DU
A 2001, 07:40 min

Dackel Du beschreibt eine alternative Schöpfungsgeschichte, in der durch den Urknall ein Hund entsteht und auf die Erde geworfen wird. Der einsame Zweibeiner wandert fortan über den Erdball, auf der Suche nach Freunden. Als er aus einem Traum aufwacht, indem ihm sein Widerpart aus vergangenen Zeiten erschienen ist, erliegt er dem Größenwahn und fällt von den Menschen ab, die er noch nicht einmal getroffen hat.

 

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URLAUB
A 2000, 03:30 min

Urlaub ist ein Heimatfilm der anderen Art, in dem Postkarten aus den 1960er Jahren, die das heimatliche Idyll in Fehlfarben abbilden, animiert wurden. Dabei wurden in den Sujets enthaltene aber auch fremde Objekte in die prototypische österreichische Landschaft eingefügt und in Bewegung gesetzt. Der Animationsfilm geht zurück auf das Jahr 2000, in dem die ÖVP eine Koalitionsregierung mit der FPÖ bildete. Der Wahlkampf letzterer Partei war gekennzeichnet durch xenophobe Attacken auf die Einwohner osteuropäische Staaten, die demnächst Teil der EU werden würden. Vor einer Überschwemmung von osteuropäischen Billigarbeitern und Kriminellen warnend, zu der kurzerhand sämtliche Bürger dieser Länder gestempelt wurden, überschlug sich die FPÖ förmlich vor ausländerfeindlichen Tiraden. In dem Film wird die angebliche Gefahr, die von Osteuropa ausgeht, ironisch bestätigt und überaffirmiert, indem unsichtbar bleibende Aliens in UFOs (die von einem Monument für die sowjetische Raumfahrt in Bulgarien stammen) in Österreich einfallen und ein spazierengehendes Skelett beiseite räumen. Im Zeitpunkt des Angriffs jedoch wächst sich der Untote (hier als Symbol für Nationalismus verstanden) zu einem Riesenskelett aus, das seinerseits die Verfolgung der UFOs aufnimmt und dabei alles kurz und klein schlägt. Nicht nur die fliegenden Untertassen fallen dem Rachefeldzug des untoten Nationalisten zum Opfer, mehr noch wird die Heimat beschädigt, durch einen Rundumschlag, der alles Fremde eliminieren soll.

 

PLANET E – Green Girl
A 1996, 05:50 min

Ein Science-Fiction Film im Taschenformat. Fliegende Gabelbissen, Semmeln und Untertassen aus Abflussrohren fliegen durch das Weltall, in dem eine erbitterte Schlacht zwischen einem Space Cowboy und Godzilla erfolgt. Dabei dienen Dübel als Raketen und Spritzkerzen, die den Einschlag der Raketen simulieren, setzen einen Planeten aus Eierkartons in Brand. Die Folge: Rauchentwicklung im Schlafzimmer.

 

PLANET E – Emma Pad
(Held&Hund), A 1995, 04:30 min

Erste Gehversuche mit Found Footage in Kooperation mit dem deutschen Videokünstler Oliver Held. Zu einem elektronischen Track der österreichischen Band „Planet E“ laufen für die Dance Music untypische Bilder aus einem Haushalt ab, die die Waschkraft eines Waschmittels in Zeitlupe illustrieren. Die adrette Mutter hat dabei den Haushalt als auch ihre zwei plärrenden Söhne perfekt im Griff. Ein Seitenhieb auf die männlich konnotierte elektronische Musikszene in einem Musikvideo, dass ohne die entsprechende Musik geschnitten wurde.